Publiziert in Marketingbrain
Don Peppers hielt schon 1990 seinen ersten Vortrag über 1:1 Marketing. Heute, sieben Jahre später, stehen Web-Tools wie Broadvision bereit, die seine für das Marketing des ausgehenden zweiten Jahrtausends grundlegenden Gedanken in die Praxis umsetzen. Die erste auf Broadvision basierende Applikation der Schweiz steht vor der Realisierung.
Was zeichnet einen guten Marketer aus? Dass er konzeptionell arbeitet und nicht nur Eintagsfliegen landet? Dass er mit einem Schuss "Primitivität" seine Arbeit würzt? Und? Dass er das Timing, die Abläufe im Griff hat! Vielfach wird dieser letzte, für jedes gute Marketing grundlegende Punkt auch in der Diskussion um das In-Thema "1:1 Marketing" ausser acht gelassen.
Heinz Weinhold sagte einmal ganz lapidar: "Marketing ist, wenn die Kasse bing macht". In der Praxis muss es sich also bewähren. Und so ist anzunehmen, dass sich das effektiv praktizierte 1:1 Marketing von demjenigen, das nur individualisierte Produkte bereitstellt, durch das Bing! in der Kasse unterscheiden wird.
1:1 Marketing = Den einzelnen Kunden immer besser kennenlernen.
One-to-one Marketing bedeutet: "Anstatt ein Produkt in einer bestimmten Verkaufperiode an soviele Kunden wie möglich zu verkaufen benutzt der 1:1-Marketer Kundendatenbanken und interaktive Medien um dem je einzelnen Kunden soviele Produkte und Dienstleistungen wie möglich - und zwar über dessen ganze Lebenszeit hinweg - zu verkaufen". Diese Fokussierung auf den je einzelnen Kunden von Anfang an und nicht erst als Top-Down-Verfeinerung eines Segmentes ist eine bestechend gute Idee.
Gute Ideen durchlaufen laut Schopenhauer immer vier Phasen:
Marketing 1:1 befindet sich in der Schweiz derzeit wohl bei Phase 3. "Ja, dann individualisieren wir halt unsere Produkte und lassen den Kunden alle möglichen Details frei wählen. Schliesslich ist er ja König". Bloss: Königen bietet man keine seitenlangen Alternativen zur Auswahl an, sondern gleich den "Best fit". Diesen "Best fit" zu kennen, ist im Falle der Queen ausgewählten Hoflieferanten vorbehalten. Aber wie steht es mit dem 43-jährigen EDV-Leiter (verheiratet, zwei Kinder, Kettenraucher), wohnhaft in Zürich Wollishofen; seine Mutter hat am 14. Juli Geburtstag und beim Ausfüllen des Fragebogens hat er bei der Darstellung seiner Einkommenssituation gelogen sowie seine Vorliebe für Sex&Crime auf dem Internet verschwiegen?
Mit herkömmlichen Marketing-Methoden und ihren Datenbanken ist diesem Mann nicht beizukommen. Denn der Aufwand, ihn näher kennenzulernen, ist zu gross. Aber gerade das wäre der Anfangspunkt des 1:1 Marketing: Den Kunden zu kennen und - mit seinem Einverständnis - immer besser zu kennen.
1:1 Marketing = Interaktion
Wer mehr Details zu 1:1 Marketing erfahren will, loggt sich am besten bei seinen Erfindern Don Peters und Martha Rogers auf der Website ihrer Unternehmung Marketing 1:1 ein.Oder liest gleich das neu überarbeitete Buch "Die 1:1 Zukunft - Strategien für eine individuelles Kundenmarketing". Oder das frühere "Enterprise One to One".
Oder er macht erste Erfahrungen damit, indem er z.B. die Website "The Angle" anwählt. Auf dieser Website wird demonstriert, was Broadvision, das wohl am meisten ausgefeilte 1:1 Marketing - Tool der gleichnamigen Unternehmung, alles kann. Zum Beispiel folgendes:
Mit anderen Worten ist Broadvision ein superintelligentes WEB-Server-Programm, das genau registriert, was der Benutzer gerade macht und das dank künstlicher Intelligenz wie ein guter, mit einem Monster-Gedächtnis ausgestatteter Verkäufer darauf reagiert.
Worum es also geht ist das Folgende:
Sowohl die Informationen, die der Kunde (z.B. durch Ausfüllen eines
Fragebogens) selber aktiv freigegeben hat, wie diejenigen, die er durch seine Reaktionen
auf dem Netz ständig produziert, bilden die Grundlage für das, was er zu sehen bekommt.
Das Informationsangebot ist also nicht nur massgeschneidert, sondern wird darüber hinaus
laufend optimiert.. Damit ist das Revolutionäre des 1:1 Marketings klar: Der einzelne Kunde steht mit seinem gesamten Datenstamm und seiner detailliert erfassten Geschichte im Mittelpunkt. |
In der Praxis hat die Umsetzung dieses Ansatzes sehr viel mit Technik zu tun.
1:1 Marketing = Praxis mit viel Technik und noch mehr Fingerspitzengefühl
Zur Zeit kursieren Gerüchte in der Branche, dass ein grosses Broadvision Projekt angelaufen ist. Welche namhaften Firmen am Projekt beteiligt sind, muss vorläufig noch geheimgehalten werden, doch dass es ein für die 1:1 Zukunft der Schweiz grundlegendes Projekt ist, dürfte klar sein. Schliesslich kostet allein das Programm Broadvision eine halbe Million Schweizer Franken. Und immerhin ist auch klar, dass mit Futurecomm eine sehr potente Internetfirma dahintersteht.
Wir sprachen mit dem Geschäftsführer von Futurecomm, Andreas Widmer. Seine Antworten sind in der Interview-Box wiedergegeben. Das Gespräch drehte sich nicht nur um die bestehenden technischen Schwierigkeiten, sondern auch darum, dass das praktizierte 1:1 Marketing einen grossen Impact auf das Konsumentenverhalten haben wird. Die Gefahren sind gross, dass durch fehlendes Fingerspitzengefühl der Unternehmungen das eigentliche Potential des 1:1 Marketings zunichte gemacht wird: Dem Konsumenten die Angebote machen, die er auch wirklich brauchen kann - ohne für ihn lästige Streuverluste.
Don Peppers und Martha Rogers haben dies schon lange vorausgesehen. In "Die 1:1 Zukunft" lautet die Ueberschrift des diesem Thema vollständig gewidmeten neunten Kapitels "Die Privatsphäre des Kunden schützen, nicht bedrohen".
Interview mit Andreas Widmer, Geschäftsführer der Futurecomm AG, Zürich zum angelaufenen Broadvision-Projekt.
Marketingbrain: Herr Widmer, Sie arbeiten derzeit an einem grossen, auf Broadvision basierenden Projekt. Worin liegen die Hauptschwierigkeiten?
Andreas Widmer: Die Schwierigkeiten liegen einerseits in den technischen Möglichkeiten von Broadvision und andererseits in der zur Ausschöpfung dieser Möglichkeiten benötigten Technik.
Die technischen Möglichkeiten von Broadvision gehen enorm weit. Die Parametrisierungen erfordern ein sehr hohes Mass an sowohl EDV-spezifischem wie marketingtechnischem Know-How. Personen, die beides vereinen, sind sehr schwer für uns selber zu finden. Bei unseren Kunden sieht es da nicht anders aus. Wir betreten mit diesem Projekt Neuland.
Die benötigte Technik ist zudem gigantisch. Die Menge der in einer einzigen Session von einem einzelnen Netsurfer generierten Informationen sind enorm. Man kann sie sinnvollerweise gar nicht alle speichern. Desgleichen ist die Rückübertragung auf die bestehenden Kundendaten sehr anspruchsvoll und aufwendig.
Marketingbrain: Wie begegnen Sie diesen Schwierigkeiten bzw. welche Konsequenzen haben diese auf Ihre Zielsetzungen und Ihr Vorgehen?
Andreas Widmer: Wir haben uns auf die Quintessenz des 1:1 Marketing besonnen. Unsere Applikation soll uns Schritt um Schritt, Session um Session helfen, die Bedürfnisse des Benutzers und seine Vorlieben besser und besser zu verstehen. Damit wir ihm über einen längeren Zeitraum hinweg immer optimalere, auf ihn noch genauer zugeschnittene Angebote machen können. Damit im Gegenzug für ihn sein Nutzen immer mehr steigt. Vieles liegt dabei im Timing, in den Abläufen. Solange wir eine Information nicht brauchen, erfragen wir sie auch nicht. Erst wenn wir sie brauchen, und der Kunde dann auch sieht, wozu wir sie brauchen, erst dann wird die Information auch abgefragt und gespeichert.
Marketingbrain: Heisst dies soviel wie "Langfristiger Kundennutzen kommt vor kurzfristigem Verkaufsnutzen"?
Andreas Widmer: Ja genau. Wenn wir dieses "Diese Web-Site bringt mir etwas" des Netzbenutzers nicht beständig vor Augen haben, so kommt er mit der Zeit nicht mehr wieder oder versucht sogar, unsere Parametrisierungen auszutricksen. Und das wäre das genaue Gegenteil eines funktionierenden 1:1 Marketings.
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