Ueber Stammkunden-Information / Firmenzeitschriften

Wir sind wir: Wie die anderen.

Publiziert in Produktion+Print Nr. 11, November 1996

Der zehnte Marketing-Test untersucht die periodische und kontinuierliche Kunden-Kommunikation von Bildagenturen, worunter man normalerweise in erster Linie Firmen-Zeitschriften versteht. Aufgrund neuerer Entwicklungen in der Daten-Mehrfachnutzung und den elektronischen Medien könnte man annehmen, dass es da einiges zu kommunizieren gibt. Doch weit gefehlt: Die meisten Bildagenturen verschicken wie seit eh und je "einfach" ihre Kataloge - und die sind zur Profilierung der einzelnen individuellen Agentur kaum angetan.

Zum zehnten Mal testen wir eine Marketing-Taktik der Kommunikations-Branche, heute geht's um die periodische Kunden-Kommunikation von Bildagenturen. Allgemeinstes Beispiel einer periodischen Kunden-Kommunikation ist die Firmen-Zeitschrift. Und so fragten wir eine Auswahl von namhaften Schweizer Bildagenturen an, ob sie denn so eine führen oder wie sie sonst regelmässig ihre Kunden über Neuerungen informieren.

Die Antwort war ernüchternd: Nur die Bildagentur Baumann hat eine Kundenzeitschrift. Hat? Es gab bisher nur eine Nummer. Und die datiert aus dem Jahr 1995. Wir werden weiter unten darüber sprechen, wie man ein solches Einmal-und-nie-wieder-Debakel verhindern kann. Die anderen Bildagenturen verschicken (wie die Bildagentur Baumann auch) mehrmals jährlich ihre neuesten Kataloge. Das ist auch eine Form der periodischen Kunden-Kommunikation; nur was für eine!

 

Ein Bild ist ein Bild ist ein Bild

"Film moves - this book doesn't" steht im Begleittext zum Filmteil eines Kataloges der Bildagentur ImageBank. Und das stimmt leider, wenn man den Katalog in einer Reihe mit allen anderen Katalogen der verschiedenen Agenturen sieht. Wer bereits auf dem Verteiler einer Bildagentur steht, den erwartet statt kontinuierlicher Information über die Besonderheit der Agentur eine Flutwelle aus Produkt, Produkt und nochmals Produkt. Die Unternehmung, die dahintersteht, ihre (hoffentlich) dynamische Entwicklung und spezifischen Stärken, die Menschen hinter dem Produkt bleiben im Dunkeln. Erst stundenlanges Wälzen der umfangreichen Kataloge enthüllt dem mittlerweile geschulten Auge eventuell das, wonach es bei periodischer Information eigentlich sucht: Was gibt's Neues und Besonderes?

Worauf diese Artikel-Serie abzielt, und wir sind inzwischen schon bei Nummer 10 angelangt, ist folgendes: Erstens soll das Marketing-Handwerk im praktischen (taktischen) Bereich praxisnah dargestellt werden. Wie macht man einen Werbebrief, eine gute Fahrzeugbeschriftung oder eben eine gute periodische Kundeninformation? Zweitens soll auch eine Haltung, welche hinter allen Marketing-Aktivitäten stehen muss, vermittelt werden: Wie macht man's so, dass man sich von der Konkurrenz unterscheidet, dass der Kunde den Reason-why mitkriegt, warum er hier und nicht dort bestellen soll.

Die Produkte sind grösstenteils austauschbar. Ein Bild ist ein Bild ist ein Bild. Blättert man die Kataloge durch, so beschleicht einen ständig der Verdacht, dieses oder jenes Bild schon in einem anderen Katalog gesehen zu haben. Natürlich ist dies nicht effektiv der Fall, aber der Eindruck der Austauschbarkeit bleibt. Manchmal sieht man sogar, dass aus der gleichen Serie bzw. vom gleichen Film das eine Foto an die eine Bildagentur ging, das nächste an eine zweite und so weiter. Um es auf den Punkt zu bringen, liebe Kommunikationsverantwortliche von Bildagenturen: Katologe sind gut und recht und wahrscheinlich sogar ein Muss, doch sie ersetzen definitiv nicht die kontinuierliche Information über Ihre Unternehmung!

Kontinuierliche Information, ob als Firmen-zeitschrift oder sonstwie aufbereitet, ist etwas vom Wichtigsten in der Stammkunden-Betreuung und -Bindung. Sie vergeben sich viel, wenn Sie dieses verhältnismässig kostengünstige Marketing-Mittel nicht einsetzen. Jammerschade, wenn Ihre Unternehmung so dasteht, als hätte sie nichts zu sagen, als würde sie sagen "Wir sind wir: Exakt gleich wie die Anderen"!

 

Wie macht man's?

Von Unternehmungen, bei denen ich regelmässig etwas bestelle, höre und sehe ich auch gerne News. Viermal im Jahr eine Kundenzeitschrift ist sicher nicht zuviel, wenn sie nur gut ist. Doch was macht eine gute Kundenzeitschrift aus? Zusammengefasst: Organisierte Kontinuität, interessante "echte" Information und dadurch ausgelöste Interaktivität.

 

Organisierte Kontinuität

Das Beispiel der Bildagentur Baumann ist nur eines von vielen, die ich kenne. Da wissen viele Leute am Anfang noch nicht, was sie sich mit der Lancierung einer Kundenzeitschrift aufgeladen haben. Die Nummer eins ist ja noch schnell gefüllt, doch danach wird's zunehmend schwierig. Kontinuierlich informieren zu können und auch wirklich etwas zu sagen haben, das fliegt niemandem einfach so zu. Ohne einen gewissen Aufwand besonders in organisatorischer Hinsicht lässt sich keine kontinuierliche Information bereitstellen. Und daran denkt man am besten gleich zu Beginn und ist sich dabei über seine finanziellen und personellen Fähigkeiten im klaren. Was macht das denn für einen Eindruck auf die Kunden: Erste Nummer 12 Seiten, zweite Nummer 8 Seiten, dritte Nummer 4 Seiten, vierte Nummer kommt nicht mehr? Kontinuität, Kontinuität und nochmals Kontinuität ist die Losung, will man einen dauerhaften und positiven Eindruck hinterlassen. Das soll nicht heissen, dass am Layout auch in zehn Jahren nichts geändert werden darf (auch dafür gibt's Beispiele, bei denen die Zeitschrift so aussieht, als bestände die dahinterstehende Unternehmung ausschliesslich aus Zweitweltkriegs-Veteranen), doch bitte nicht in jeder Nummer!

 

Echte Information

Wir sind die Besten! Kaufen Sie bei uns! Jetzt neu, seit drei Jahren! Das sind doch nicht die Informationen, die mich interessieren. Und oft, da ja gegenüber PR-Artikeln kein "böser" Redaktor die Information abwandeln kann, überbordert einfach das Selbstlob in Firmen-Zeitschriften. Noch schlimmer ist es, wenn der Konkurrenz "einer reingewürgt" wird. (Ich kenne Beispiele, da wird den Kunden ein Herumhacken auf der Konkurrenz in den Mund gelegt). Nein, das ist schlechter Stil. Das vermittelt mir nicht den Eindruck, dass ich es mit einer Unternehmung zu tun habe, die erstens ihr "Revier" kennt und ihr Metier beherrscht und zweitens von dieser stabilen Basis aus kreativ und richtungsweisend operiert. Ein solcher Eindruck entsteht nur durch echte Information. Wie aber zeichnet sie sich aus, die "echte Information"?

 

Ausgelöste Interaktivität

Jede Marketing-Aktion sollte etwas auslösen: Eine Meinungs- oder Verhaltens-Veränderung, eine Anfrage oder am besten direkt einen Kauf. Oft schliessen Kundenzeitschriften deswegen mit einem Wettbewerb mit Antwortkarte. Und da habe ich auch schon jede Menge Stumpfsinn gesehen! Ich kann sie nicht mehr sehen, diese Wettbewerbe im Stil eines Kreuzwort-Rätsels, dessen Lösung im Inneren der Zeitschrift verborgen liegt. Da fühle ich mich einfach für dumm verkauft bzw. ganz idiotisch bevormundet. Und auch dieser hundertste zu gewinnende Ballon-Flug, der nichts, aber auch gar nichts mit der Unternehmung zu tun hat, ringt mir nur noch ein mitleidiges Lächeln ab.

Geben Sie dem Kunden einen wirklichen Grund, Ihnen eine Antwortkarte zurückzuschicken und dabei eventuell an einem Wettbewerb teilzunehmen. Und sehen Sie zu, dass der Wettbewerbspreis, (wenn es ihn denn wirklich braucht und ihr Angebot nicht sonst schon Grund genug ist, interaktiv zu werden), auch etwas über Ihre Firma aussagt.

 

Und was noch?

Es gibt Firmen, die sind so gross, dass sie reine interne Mitarbeiter-Zeitungen herausgeben. Diese sollten sich an dieselben Grundregeln halten wie die Firmen-Zeitschriften für Kunden. Und dabei gibt es noch eines zu bedenken: Mit einer Kundenzeitschrift exponiert man sich - hoffentlich! Und man exponiert sich auch gegen Innen. Eine Unternehmung, die sich nicht nur als die Summe ihrer Produkte darstllt, sondern als ein lebendiger dynamischer Organismus, die gewinnt auch für ihre Mitarbeiter entscheidend an Identifikations-Wert. Wie jede andere Kommunikationsmassnahme gegen Aussen wirken Kundenzeitschriften ganz enorm auch gegen Innen. Erkennt der Mitarbeiter sich bzw. "seine" Unternehmung in Ihrer Kundenzeitschrift wieder, so fühlt er sich noch mehr als Mitglied einer Top-Crew auf Erfolgskurs (und verhält sich entsprechend weniger wie ein "Galeeren-Sklave"). Auch dies ist ein Effekt, den kontinuierliche Kommunikation mit Ihren Kunden bewirken kann und dessen Nutzen nicht zu unterschätzen ist.

 

Was können Sie tun?

- Ist sie wohldosiert: Aktuell und nicht zuviel?

- Ist sie interessant: Praktisch ausgerichtet, aber nicht belehrend?

- Ist sie mit dem nötigen Witz versehen?

- Passt sie in allem zu Ihrer Unternehmung?

- Löst sie die "richtige" Interaktivität aus?

 

 

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